1 Anlage
Dem Auswärtigen Amt, Berlin
im Anschluß an den nebenbezeichneten Bericht mit dem Anheimstellen der Weitergabe ergebenst überreicht
Anlage
1.) Welche Zahl von deportierten Armeniern befindet sich ungefähr in Ihrem Wirkungskreise?
2.) Können Sie uns Mitteilung über ihren Zustand und ihre Bedürfnisse machen?
3.) Können Sie den Deportierten Unterstützungen zukommen lassen? In welcher Weise? Mit wessen Hilfe?
4.) In welchem Umfange wären Mittel erforderlich?
5. Haben Sie zu diesem Hilfswerk Hilfskraft nötig?
Beantwortung.
Zu 1.) Die Zahl der nach dem Vilajet Mossul deportierten Armenier wechselt dauernd infolge starker Mortalität, sowie infolge dauernden Weiterschubs und neuen Zuzugs. Zurzeit befinden sich im Vilajet Mossul ungefähr 4-5000 deportierte Armenier aus Erzerum, Bitlis Ras el Ain, Deir Zor, hauptsächlich Frauen und Kinder. Auf diesem Bestand dürfte auch künftig auf längere Zeit hinaus die Zahl der ins hiesige Vilajet deportierten Armenier bleiben.
Zu 2.) Ein geringer Teil der deportierten (nur Frauen und Kinder und etwa 200) hat, soweit die Stadt Mossul selbst in Frage kommt, Unterkunft in hiesigen christlichen und muhammedanischen Familien gefunden. Der Zustand dieser Wenigen, die von seiten der Regierung keinerlei Unterstützung erhalten, ist erträglich. Der Rest ist in Mossul, Kerkuk und Suleimanieh in in ihrem Bestande dauernd wechselnden Lagern untergebracht. Ihr Zustand ist mehr als elend. Offiziell soll die Regierung an diese deportierten Armenier pro Kopf und pro Tag einen Piaster (20 Pf.) zahlen, wovon sich die Deportierten alsdann selber zu verpflegen haben. Die Zahlung dieser Unterstützungsgelder erfolgt jedoch sehr unregelmässig, häufig überhaupt nicht, sodass eine grosse Anzahl der Deportierten aufs Betteln angewiesen ist. Es fehlt den Leuten hauptsächlich an Kleidung aller Art, an ärztlicher Behandlung und an Nahrungs- und Arzneimitteln. Voraussetzung für eine wirksame Hilfe ist, dass die Deportierten zunächst mal an zu bestimmenden Orten definitiv verbleiben dürfen und nicht, wie es bisher geschehen ist und noch dauernd geschieht, je nach Gutdünken der sich mit jenen Angelegenheiten befassenden und sehr skrupellos vorgehenden türkischen "Spezialkommissionen" ruhelos hin und hergehetzt werden. Solange dies letztere Verfahren weiter angewandt wird, ist jede wirksame Hilfe ausgeschlossen. Die Zahlung von Unterstützungen in diesem Falle würde nur eine Verlängerung der Leiden der Deportierten bedeuten und ihr elendes Ende nur etwas weiter hinausschieben.
Zu 3.) Unterstützungen an die im Vilajet Mossul befindlichen deportierten Armenier könnten durch Vermittelung des Konsulats zugeführt werden, und zwar direkt oder auch durch Inanspruchnahme der betreffenden türkischen Deportierten-Kommissionen, im Einvernehmen mit der Regierung.
Zu 4.) Bei Berechnung von 1 Ltqs. pro Kopf, welcher Betrag zur Beschaffung von Kleidern und Wäsche genügen und wovon noch pro Kopf ein kleiner Baarbetrag übrig bleiben würde, würde für die ins hiesige Vilajet deportierten Armenier eine Summe von 4-5000 Ltqs. erforderlich sein.
Zu 5.) Eine, die Landessprachen (arabisch und türkisch) beherrschende Persönlichkeit als Hilfskraft für Rechnungsführung, Beschaffung der nötigen Gegenstände etc. wäre erforderlich. Diese Hilfskraft kann hier beschafft werden. Monats-Remuneration von 4-6 Ltqs.