Wie Ihnen bekannt sein wird, hatte mir die deutsche Botschaft in Constantinopel durch die Vermittelung des Herrn Fred Kraft versprochen, alle meine juristischen sowie geschichtlichen Bücher die in einem grossen Koffer verpackt auf der deutschen Botschaft liegen, hierher nach Smyrna zu verschicken. Seitdem sind beinahe sechs Monate vergangen, ohne daß ich irgendeine Nachricht von dieser Angelegenheit bekommen hätte. Da die obgenanten Bücher zur Ausübung meines Berufes unumgänglich notwendig sind, so möchte ich Sie ganz ergebenst bitten, mein Anliegen an maasgebender Stelle unterbreiten zu wollen. Ich glaube um so eher auf ein Entgegenkommen der deutschen Botschaft mir gegenüber rechnen zu dürfen als die Dienste, die ich ihr seinerzeit geleistet hatte, noch in Ihrer Erinnerung sein dürften. Am besten wäre es, wenn man den Koffer direkt an Ihr hiesiges Konsulat adressieren würde.
Indem ich Ihnen, sehr verehrter Herr Konsul, im Voraus für Ihre Mühewaltung danke
Der Antragsteller kommt für die entstehenden Transportkosten auf.
[Botschaft an Konsulat Smyrna 31.7.]
[Konsulat Smyrna an Botschaft 8.1.18 (J.Nr. 58]
Dr. Y.M. Iplicjian bittet in dem urschriftlich hier beifolgenden Brief um die Vermittlung der Kaiserlichen Botschaft damit ein ihm gehöriger Koffer, der unter anderem eine Reihe von Schriftstücken betreffend die armenische Frage enthält, auf möglichst sicherem Wege ihm übersandt werde.
Dr. Iplicjian, der in Deutschland studiert hat und von früherher nähere Beziehungen zu Dr. Lepsius unterhält, hatte, wie mir persönlich bekannt ist, eine Zeit lang der Kaiserlichen Botschaft und zwar insbesondere dem damaligen Legationssekretär Grafen von Kanitz als Vertrauensmann für armenische Angelegenheiten Dienste geleistet. Es ist verständlich, dass er etwaige Papiere, die sich auf seine damalige politische Tätigkeit beziehen, nicht in unrechte Hände fallen lassen möchte. Ich glaube aber auch annehmen zu sollen, dass ebenfalls auf unserer Seite keinerlei Interesse besteht, Schriftstücke, in denen möglicherweise nicht für die Türken bestimmte Einzelheiten über die damalige Armenierpolitik der Kaiserlichen Botschaft enthalten sind, durch Indiskretion oder auf andere Weise bekannt werden.
Ich habe daher der Bitte Dr. Iplicjian die Angelegenheit Euerere Exzellenz vorzutragen stattgegeben. Aus weiteren Aeusserungen des Antragstellers schliesse ich, dass er gegen eine Oeffnung des Koffers und eine Durchsicht und eventuelle Vernichtung der Papiere in Gegenwart seines Vertrauensmannes F. Kraft keine Einwendungen machen würde.
Als ich vor circa drei Jahren Konstantinopel verliess um hierher nach Smyrna zu kommen hinterlegte ich in meiner dortigen Pension der Madame Marie Sogothehti rue Bekiar No. 14 Pera, einen Koffer voll juristischer Werke, worunter aber auch eine Menge von politischen Schriften und Berichten sich befinden, die aus der Zeit stammen, zu der ich, wie Sie sehr wohl wissen, mit der Deutschen Botschaft zu Constantinopel in engster Beziehung stand. Da es nun weder im Interesse der deutschen Botschaft noch dem meinem liegen kann, daß diese politische Correspondenz der Untersuchung u. der Censur der türkischen Behörden ausgesetzt werde, so möchte ich Sie, sehr geehrter Herr Konsul hierdurch ganz gehorsamst bitten, die nötigen Schritte bei der Deutschen Botschaft zu unternehmen, damit besagter Koffer auf Anordnung derselben von dem Botschaftspersonal selbst von der oben erwähnten Pension geholt und mit dem Siegel der Botschaft mit dem nächsten deutschen Militärzug an das hiesige deutsche Konsulat abgeschickt werde. Ich erkläre mich hiermit bereit, sehr geehrter Herr Konsul, den Koffer nach seinem Eintreffen im Konsulate selbst zu öffnen und in Ihrer Gegenwart alle Papiere und Drucksachen, die Ihnen verdächtig erscheinen sollten, eigenhändig zu vernichten.
Herr Fred Kraft, Leiter der deutsch-rumänischen Petroleumgesellschaft zu Cospolis, der über diese Angelegenheit im Laufenden ist und zu dem ich mein vollstes Vertrauen habe, wird so freundlich sein die Botschaft zu unterstützen den Koffer ausfindig zu machen und die Kosten der Versendung desselben für mich auszulegen.
Indem ich auf die kräftige Unterstützung meines Ersuchens Ihrerseits hoffe,
Herr Kraft wird den Koffer am Montag früh zur Botschaft bringen und untersuchen lassen
[Notiz Botschaft 30.1.1918]
Wäre eine Beförderung durch eine der militärischen Transportabteilung möglich?