1) 1 Der Telegraaf-Artikel geht von einer am 8. Oktober 1915 durch vier Lehrer der deutschen Realschule in Aleppo an das Auswärtige Amt in Berlin gerichteten Bittschrift aus. Nach diesem Zeugnis würden armenische Frauen und Kinder, nachdem man die Männer daheim ermordet hätte, zu Tausenden an die Küste getrieben, wo man sie einfach verhungern lasse. Ferner zitiert das Amsterdamer Ententeblatt einen in der „Berner Tagwacht" vom 10. August 1916 erschienenen Artikel des bekannten Medizinalpädagogen A. Forel, der zu einem lauten Protest der Neutralen auffordert, da für diese ja nicht dieselben politischen Bündnis-Rücksichten beständen wie für die Deutschen. Ebenso wird ein Aufsatz aus der November-Nummer 1915 der „Allgemeinen Missionszeitschrift" herangezogen, nach welchem im Juli desselben Jahres bei einer Deportation der christlichen Bevölkerung von Erzindjan 25000 Armenier von den Kurden, die im Einverständnis mit den Türken handelten, umgebracht worden seien. Ein türkischer Gendarm habe berichtet, dass von einem Transport von 3000 Frauen und Kindern, die von Maman-Chatun nach Kemagh geführt werden sollten, keine einzige Seele übrig geblieben sei. Das Dorf Tel-Armen in der Nähe von Mossul sei vollständig ausgemordet worden. Die Deutschen kümmerten sich in der Regel nicht um diese Greuelmassnahmen und unterstützten sogar das türkische Vorgehen, da sie die Türken nötig zu haben erklärten und diesen die Ordnung ihrer Angelegenheiten allein überlassen müssten. In Urfa habe sogar ein deutscher Oberst, Graf Wolffskeel, an den türkischen Untaten teilgenommen.
2) Der Aufsatz des Nieuws van den Dag knüpft an den Telegraaf-Artikel an und weist besonders auf die auch ins Holländische übersetzte Schrift von Dr. Johannes Lepsius über die vorletzte Armenier-Verfolgung hin. Ausführlich wird der Inhalt der Berichte der amerikanischen Armenier-Kommission unter Kardinal Gibbons wiedergegeben, nach welchen zumal in Trapezunt die Männer auf lecken Booten ausgesetzt und dem Ertrinkungstode preisgegeben, die Frauen und Kinder aber in die Wüste dem Hungertode entgegengetrieben worden seien. Das Nieuws van den Dag betont, dass Deutschland und Oesterreich, indem sie es versäumten ihren ganzen Einfluss auf die Türkei zur Verhütung der genannten Schrecknisse aufzubieten, eine Mitschuld auf sich geladen hätten. Andererseits sei es immerhin merkwürdig, dass die Ententepresse gerade jetzt mit so gewaltigem Nachdruck auf Ereignisse zurückkomme, die sich in der Zeit von April bis Oktober 1915 zugetragen hätten. Auch liege ein deutsches Buch „Ziele und Taten armenischer Revolutionäre" (reich illustriert, ohne Angabe des Herausgebers) vor, das den Versuch mache, die Hauptschuld auf die unruhigen Elemente unter den Armeniern selbst zu werfen. Ferner habe einer der im Telegraaf als Kronzeugen zitierten deutschen Lehrer aus Aleppo in der Kölnischen Zeitung gegen die Entstellung und Missdeutung seiner Ausführungen protestiert. Die Absicht, die mit der Greuelpropaganda gegen die Türken verfolgt werde, sei deutlich zu erkennen; man dürfe nicht vergessen, dass England und Frankreich sich ihrerseits durch die russischen Juden-Pogromss keineswegs von dem Bündnis mit dem Zarenreich abschrecken liessen.
3) Die türkische Gesandtschaft im Haag nahm einen Armenier-Artikel der Times zum Anlass, das Bestehen eines durch kaiserliches Iradé bestätigten Fetwas, in welchem die Niedermetzelung von Armeniern, weil sie sich an Mohammedanern vergriffen hätten, befohlen würde, aufs Entschiedenste zu dementieren. Die Kaiserlich Deutsche Gesandtschaft tut das Ihrige, um die Verbreitung dieses Dementis, das bisher im Nieuwe Rotterdamsche Courant (28.1.M.), Vaderland (27.1.A.II.) sowie Nieuwe Courant (29.1.A.I.) erschienen ist, nach Möglichkeit zu befördern.
[Notiz Mordtmann 7.3.]
Über die Berichte des Amerikaners Gibbons, speziell über die Vorfälle in Trapezunt vgl. A53a Bd. Bl. 85 nach Auszügen aus einem Armenischen Blattes in denen Gibbons nicht als Kardinal sondern als Korrespondent des New York Herald bezeichnet wird; die Geschichte vom Armenierfetwa ist hier neu.