1918-08-07-DK-001
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Quelle: DK/RA-UM/Gruppeordnede sager 1909-1945. 139. D. 1, ”Tyrkiet - Indre Forhold”. Pakke 2, fra Jan. 1917 – 1. Jan. 1919
Erste Internetveröffentlichung: 2010 August
Edition: Dänische diplomatische Quellen
Telegramm-Abgang: 08/07/1918
Telegramm-Ankunft: 08/24/1918
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: No. 73
Übersetzung: Michael Willadsen
Zustand: A
Letzte Änderung: 04/01/2012


Der Gesandte in Konstantinopel (Carl Ellis Wandel) an den Außenminister (Erik Scavenius)

Bericht



Nr. 73

Konstantinopel, den 7. August 1918.

Vertraulich.

Herr Außenminister,

„Ikdam” brachte vorgestern die überraschende Ankündigung, dass die von den türkischen Behörden während des Krieges deportierte armenische und arabische Bevölkerung bald an die Orte im Reich zurückgeschickt wird, wo sie zuhause ist, und es verlautete auch, dass diese menschenfreundliche Entscheidung auf einen Wunsch des neuen Sultans [Mehmet VI.] zurückgeht, die dieser nach einer Aufsehen erregenden Audienz geäußert hat, in der er neulich den Führer der Opposition im Senat, Ahmed Riza, empfangen hat, der, wie schon berichtet, bei mehreren Anlässen im osmanischen Parlament die Sache der nicht-türkischen Völker vertreten hat.

Der Umstand, dass es die „Ikdam“ war, die zuerst über diese wichtige Entscheidung berichten konnte, bevor der „Tanin“ Zeit bekam, die öffentliche Meinung vorzubereiten und die scheinbar inkonsequente neue Haltung der Regierung in dieser Angelegenheit wegzudeuten, wurde, wie ich höre, in Stambul auch als ein Zeichen dafür gesehen, dass sie dem Ministerium von der Krone aufgezwungen worden war, trotz des Schadens, den das Ansehen und der Einfluss der Paschas Talaat und Enver dabei erleiden können. Deren Freunde waren noch gestern offenbar nicht imstande, diese Entscheidung damit in Einklang zu bringen, wie diese zwei Minister bisher versucht haben, die armenische und arabische Frage zu lösen.

Wie hinlänglich bekannt, erklärte die Regierung seinerzeit die umfassenden Deportationen nämlich damit, dass sie militärisch aus Gründen der Sicherheit und Kriegsanstrengungen des Reichs zwingend notwendig wären, und Talaat Pascha hat später immer dagegen gewehrt, sentimentale Rücksichten zu nehmen, wenn er gebeten wurde, die einschneidenden Maßnahmen abzumildern, die er und Enver Pascha während des Krieges dazu benutzt haben, allen eventuellen separatistischen Bewegungen zuvorzukommen.

Die Gegner der Regierung behaupteten deshalb auch gleich, dass der neue Beschluss auf eklatante Weise deren bisherige Politik in Abrede stelle, die wie sie meinen unverantwortlich, unnötig und unpolitisch sei.

Die vertrauliche Erklärung des Großwesirs [Talaat Pascha] im Komitee, wie mir heute zu Ohren kommt, geht jedoch davon aus, dass die Pforte ihre Politik in der armenischen Frage ändern muss, solange sie nicht die vorläufige Gründung eines unabhängiges Armeniens im Kaukasus verhindern kann.

Die Regierung hofft, höre ich, dass sich das kleine unabhängige Armenien in Anbetracht der geringen Einwohnerzahl, die es bekommen wird, als nicht lebensfähig erweisen wird, solange es keinen größeren Bevölkerungszuwachs durch Einwanderung der osmanischen Armenier aus der Türkei erhält. Das bedeutet, dass die Regierung im Lande selbst in Zukunft erträgliche Lebensbedigungen an ihren Heimatorten, denen sie sich immer noch verbunden fühlen, zugestehen muss. Aus diesem Grund will man ihnen jetzt die Rückkehr erlauben, damit sie nicht nach dem Krieg auswandern und [im Kaukasus] einen starken armenischen Staates gründen.

Wie die Regierung die Entscheidung offiziell erklären will, besonders in Bezug auf die Araber, ohne ihr Ansehen zu verlieren, darüber ist mir noch nichts bekannt.

Mit vorzüglicher Hochachtung verbleibe ich, Herr Minister, Ihr ergebenster


[Wandel]



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