Für den Apotheker des Hospitals habe ich mich vielfach verwandt, bei Djemal Pascha, beim Mutesarrif von Urfa, beim Wali von Diarbekir, doch ist alles vergebens gewesen.
Djemal Pascha hatte zugesagt, ein etwa vom Kriegsgericht ergehendes Urteil nicht vollstrecken zu lassen, ehe ihm die Akten vorgelegt worden seien. Die von den Komiteemitgliedern willkürlich herbeigeführte Verschickung nach Diarbekir hat den Erfolg dieser Zusage vereitelt. Sollte Djemal Pascha jetzt Nachforschungen nach dem Verbleib des Apothekers anstellen, so wird natürlich berichtet werden, dass er Räubern in die Hände gefallen ist. Begnügte er sich mit dieser Auskunft, so ist erwiesen, dass er und mit ihm die Regierung in Urfa tatsächlich nicht mehr die Macht in der Hand hat.
So hat denn der Apotheker der 16 Jahre lang treu im Deutschen Hospital gearbeitet hat, und für dessen loyale osmanische Gesinnung die Deutsche Orientmission sich verbürgte, geopfert werden müssen. Dass unter diesen Umständen der armenische Arzt, gegen den man behördlicherseits bereits angefangen hat, zu arbeiten, indem man ihm das Alleinoperieren verbot, den Mut verliert und eine sich bietende Gelegenheit benutzt, um Urfa zu verlassen, wird man ihm nicht so sehr verübeln können. Von gewisser türkischer Seite aber hat man erreicht, worauf man hinauswollte, die vorläufige Schliessung unseres Hospitals, in dem im Lauf der Jahre tausende von muhammedanischen so gut wie christlichen Patienten den Segen ärztlicher deutscher Behandlung und Pflege erfahren haben.
Gleichen Bericht lasse ich der Kaiserlichen Botschaft zugehen.
Tatsache ist, dass diese beiden Beys und nicht die Regierung und nicht das Kriegsgericht, das Djemal Pascha hergesandt haben soll, in der Armenierfrage regieren und zwar ein Schreckensregiment.
Unser Spital hat seit einiger Zeit auch etliche Schwierigkeiten. Der neue Bezirksarzt Hamdi Bey moechte am liebsten unser Spital schliessen. Er drohte uns damit. Allein offen duerfte ihm das nicht gelingen. Daher wendet er jetzt einen, unter Hamids Zeit oft gebrauchten Trick an, er verbot unserem Doktor Armenak das Allein Operieren, da dies unstatthaft sei. Dies ist nur ein Trick, denn durch Sie haben wir seiner Zeit erfahren, dass jeder diplomierte Arzt ueberall und allein selbst die schwierigsten Operationen ausfuehren darf. Allein Dr. Armanak, ein Armenier hatte nicht den Mut, jetzt sich zu widersetzen, trotz meinem Mutmachen und so unterliess er dieser Tage die Ausfuehrung schwierigen Operationen. Naechste Woche muss er nach Surudj um Rekruten zu untersuchen und dann will er nach Aleppo gehen, wo seine Frau ist und eventuell sich dort verstecken bis diese boese Zeit vorueber ist. Ich bin also gezwungen das Spital bis auf seine Rueckkehr zu schliessen. Traurig - denn es gibt nur noch zwei Aerzte hier und so viele Kranke. Wenn man nur die beiden Internierten, Dr. Young, ein Englaender und Dr. Lause, ein Franzose, wenigstens in unserem Spital arbeiten liesse. Es waere mir noetigenfalls leicht, sollte man in seine Feinde kein Vertrauen setzen, die noetige Kontrolle auszuueben, da ich ja schon laengst in den Gang unserer Arbeit voellig eingeweiht bin. Ich legte diese Sache dem Gouverneur nahe, allein ihm gefiel der Vorschlag nicht.
Ueber die Furchtbarkeit der Frauen- und Kindertransporte wird Ihnen Herr ... als Augenzeuge muendlich berichten. Ich kann daher diesen Bericht schliessen.